Hintergrund
Licht
….es werde Licht….
Hier im Moorlicht haben wir es mit dem Labyrinth der Kathedrale von Chartres zu tun, einer seinerzeit maßgeblichen gotischen Kirche in Frankreich. Wir versuchen zu verstehen….
„Vor dem Labyrinth, in der Kathedrale von Chartres stehend, eingetaucht in ein wunderbares Licht, kann man von einem Ahnen ergriffen werden…
…….dieser Ort hat einen inneren Zusammenhang mit uns Menschen, mit der Entwicklung unserer Kultur, ja mit dem Werden unserer gesamten Menschheit!“
Gibt es eine Möglichkeit im Umgang mit dem Labyrinth dieses Ahnen zu konkreten, greifbaren, heute verständlichen Bildern zu verdichten?
Man sagt, ein Labyrinth sei ein Irrgarten. Wer das Labyrinth von Chartres jedoch abläuft, erlebt keinen Irrgarten, sondern einen Weg, der sicher nach vielen Bögen und Kehren ins Innere führt. Wenn also das „Sich verirren können“ nicht die Aufgabe dieses Labyrinthes ist, worin liegt dann seine Bedeutung?
Der Pilger damaliger Zeit fasste einen Entschluß, z.B. nach Chartres zu pilgern. Nur mühsam, für uns heutige Menschen kaum noch vorstellbar, näherte er sich über hunderte von Kilometern zufuß seinem Ziel. Die Pilgerfahrt war aber noch keineswegs beendet, wenn er den Zielort erreicht hatte. Die Kathedrale selber führte ihn mit Hilfe ihrer vorgegebenen Wege von außen nach innen, vorbei an Erkenntnissen und Erlebnissen mit Bildern und Menschen, bis er schließlich nach unendlichen Mühen dem Sonnenaufgang entgegensehend, im Zentrum des großen Boden-Labyrinthes ankommt. Fast wie eine große Spirale, in dem Heimatort des Pilgers beginnend, kommt er zuletzt in deren innerstem Punkt an, erleuchtet und überstrahlt vom farbenprächtigen Licht der bunten Rosette des Westportals. Ein langer Weg ist hier zu Ende, der Pilger ist angekommen und vorbereitet für einen entscheidenden Moment: war der Weg bis hierher eine Wiederholung von Vergangenem, so steht der Pilger jetzt auf der Schwelle zur Zukunft! War er bis hierher in seiner Entwicklung getragen von einem Strom und sein Weg geführt, so beginnen jetzt die Etappen seines Weges, die im Inneren aus eigener Kraft beschritten werden müssen.
Was bedeutet das nun für uns in der heutigen Zeit? Unsere hektische Zeit lässt uns vermehrt suchen nach Erkenntnissen von Entwicklungsgesetzen, nach Möglichkeiten, unseren Lebensweg selber zu gestalten oder auch bewusst zu verändern. Sehr spannend ist dabei die Feststellung, dass der Weg des Labyrinthes gekennzeichnet ist von 4 x 7 = 28 Haarnadelkurven. Wer kennt nicht das Erlebnis mit solchen Kurven im Gebirge? Beim Heraufkommen reicht der Blick nur bis zur nächsten Kurve. Gelangt man jedoch weiter nach oben, so überschaut man plötzlich den gesamten Weg, den man gerade gekommen ist. Diese Bewusstheit der eigenen Entwicklung gegenüber, um die es im Großen geht, wiederholt sich hier im Kleinen in den 28 Kurven. Wäre also jede Kurve im Labyrinth ein Geburtstag des „Pilgers“, und der Weg zwischen den Kehren ein Lebensjahr, so könnte er die Entwicklung des eigenen Lebens bis zum 28. Geburtstags ein bisschen bewusster nachvollziehen.
Deutlich dabei ist, dass die Phasen der Kindheit, der Jugend und des Erwachsenwerdens in Siebenerschritten verläuft: 3x7 Jahre, und wir sind erwachsen. Aber kennen wir nicht auch den einen oder anderen Menschen, der signalisiert, dass er eigentlich erst mit 28 Jahren fest in seinem Beruf angekommen ist oder sogar noch einmal etwas ganz anderes versucht, noch einmal etwas ganz Neues für sein Leben entscheidet.
Die Entwicklungsgesetzmäßigkeiten sind uns also heute sehr viel bewusster, wenngleich der Einklang mit der Welt schwieriger denn ja herzustellen ist. Nicht von selbst ist uns die Kraft der Rhythmen klar, aber die Erkenntnis der Zusammenhänge sind auf diesem Labyrinth-Weg zu spüren und nachzuvollziehen. Vielleicht können sie uns helfen, ein Licht für unseren Weg zu finden, einen erhellten Weg, einen Weg zur Ruhe und zur Erkenntnis.